Die Ökoliste zu Besuch im Trinkwasser-Hochbehälter bei Tengling

Eine der erfolgreichsten Baustellen für Trinkwasseranlagen in Europa begeistert Fachleute von Nah und Fern. Werkleiter Wolfgang Grösch von der Achengruppe führte die Stadträte und Mitglieder der Ökologischen Bürgerliste Tittmoning sowie interessierte Bürger im neu errichteten Trinkwasserhochbehälters bei Tengling herum.
Zu Beginn erklärte er die historischen Hintergründe unserer Wasserversorgung. Die erste Leitung wurde bereits in den Archiven im Jahre 1860 erwähnt, als Versorgung von der Ponlachquelle für Tittmoning. Als in den Nachkriegsjahren große Trockenheit die Brunnen immer mehr austrocknen ließ und zu Beginn der 1950er Jahre der Tourismus im damals beworbenen „Salzachgau“ um Waging immer mehr zunahm, musste die Trinkwasserversorgung von den Kommunen gesichert werden, weshalb die Achengruppe im Jahre 1953 gegründet wurde.

Der besichtigte Hochbehälter wird vom Brunnen Tengling versorgt. Das Trinkwasser wird tagsüber gleich ins Netz gepumpt und der Rest in den Hochbehälter. Ein ausgeklügeltes Energiemanagement, unterstützt durch neun PV-Anlagen hat den Stromverbrauch für die Pumpen, trotz höherer Förderung, in den letzten Jahren um ein Drittel reduziert.
Im Trinkwassereinzugsgebiet des Brunnens Tengling werden über 30 ha Wiesen- und Ackerflächen im Sinne einer nachhaltigen, Nitrat senkenden und zukunftsorientierten Grundwasserbewirtschaftung landwirtschaftlich genutzt . Zwar bringt auch Nadelwald außer der Landwirtschaft Nitrat in den Boden ein, aber die Werte bewegen sich derzeit in einem sehr guten Bereich.
Mittlerweile kommen die Anlagen in die Jahre und so stand nun die Renovierung des Hochbehälters in Tengling an. Allerdings sei ein Betonbehälter schwer zu sanieren, führte Wolfgang Grösch aus, denn Wasser, Beton und Armierungseisen führen zur Rostbildung. Als neue Version wurde zuerst ein Edelstahltank mit zwei 500 Kubikmeter-Speichern in einer großen Halle angedacht. Doch diese Halle wäre acht Meter hoch gewesen und hätte das Landschaftsbild gestört.

Aus Überlegungen zusammen mit dem Ideengeber Wassermeister Stadler ging eine andere Alternative hervor, nämlich ein Röhrenbehälter aus dem hochverdichtetem Kunststoff PEHD. Dieser braucht zwar mehr Fläche, wird aber eingegraben und kann mit einer Blumen- und Kräuterwiese überdeckt werden.
Ein großer Vorteil des Röhrenbehälter gegen über dem Edelstahltank ist vor allem, dass später keine Halle saniert werden muss. Außerdem gibt es beim Edelstahltank Probleme mit Kalkablagerungen, die nicht selten mit chemischen Mitteln bearbeitet werden müssen, wohingegen beim Kunststoffröhrenbehälter einfaches Bürsten und Abspülen zur Reinigung genügt.

In der öffentlichen Ausschreibung fiel dann die Wahl auf ein Produkt aus heimischer Fertigung, dessen Material zu 100 Prozents sortenrein ist und komplett recycelt werden kann. Alle Geräte und Armaturen wurden ab Werk schon in den Röhren vorbereitet und mit einem Sondertransport zur Baustelle oberhalb Tenglings gebracht. Für das Projekt wurden hauptsächlich regionale Unternehmen beauftragt, die zusammen mit allen Beteiligten begeistert daran arbeiteten.
Es handelte sich hier um eine Baustelle mit großer Begeisterung.
Werkleiter Wolfgang Grösch
Die Temperatur des Trinkwassers liegt übrigens konstant bei knapp 10 Grad. Edelstahlbehälter fangen bei Temperaturdifferenzen zur Raumtemperatur zu schwitzen an und es bedarf einer beachtlichen, energieintensiven Luftentfeuchtung. Beim Kunststoffröhrenbehälter ist diese Technik nicht nötig. In der Außenhülle des Kunststoffröhrenbehälters befindet sich zusätzlich ein Wickelrohr, das abgedrückt werden kann. Mit dem entstehenden Vakuum kann die Dichtigkeit getestet werden.
Im Kostenvergleich hätte die Sanierung des alten Betonbehälters 1,2 Millionen Euro gekostet, ein neuer Beton- bzw. Edelstahlbehälter wäre um die 2 Millionen zu Buche geschlagen. Für den Röhrenbehälter wurden bisher nur etwas mehr als 900.000 Euro aufgewendet. Bei den Projektverantwortlichen wurde auch die Diskussion eines etwaigen Abriebs von Mikroplastik aus dem vorhandene Material diskutiert. Das Material ist aber so glatt, dass kein Abrieb verzeichnet werden kann. PEHD wird auch in den Hauswasserleitungen verwendet, und zwar seit Jahrzehnten, wobei auch kein Abrieb bisher gemessen werden konnte.

Die Besucher durften auch einen Blick in den Hochbehälter bei Kay werfen, wo Werkleiter Wolfgang Grösch die Gäste auf ein schmackhaftes Laugengebäck einlud, das er übrigens eigenhändig als gelernter Bäcker hergestellt hatte. Dazu gab es Getränke aus der Region. Verbandsrat Hans Glück äußerte sich begeistert, wie viel Hingabe in unserer Trinkwasserversorgung und dem Energiemanagement von allen Beteiligten steckt. Ökolisten-Vorsitzender Peter Wembacher dankte herzlich für die interessanten Ausführungen und überreichte Wolfgang Grösch einen Präsentkorb mit heimischen Produkten.
